Eine Fabrik am See

B. Braun setzt beim Neubau der Blutfilterfabrik in Wilsdruff auf viel Licht,. Das Freistaat Sachsen unterstützt die neue Fertigungslinie mit Fördermitteln.

Geschäftsführer der B. Braun Avitum Saxonia GmbH Bertram König und Robert Rösch (Architekturbüro Neugebauer & Rösch) zeigen ein erstes Modell, mit dem sich der Architekt im Wettbewerb vorgestellt hat.

Radeberg/Wilsdruff. Die B. Braun Melsungen AG – ein weltweit tätiger Konzern in der Gesundheitsbranche – baut im sächsischen Wilsdruff Europas modernste Produktionsstätte von Dialysatoren für die Blutwäsche chronisch nierenkranker Menschen. Für das neue Produktionsgebäude wurde ein Architektenwettbewerb ausgelobt. Die Teilnehmer am Wettbewerb hatten die Aufgabe, die im ersten Bauabschnitt geplante Filterfabrik entsprechend den technologischen Erfordernissen zu entwerfen und an die Gegebenheiten im Gelände anzupassen. Gleichzeitig war ein Blick zehn Jahre voraus gefragt in Form eines Masterplans, um den Standort zu erweitern und als ein Zentrum zur Produktion und Entwicklung von Dialysatoren mit Campuscharakter auszubauen.

Neun namhafte Architekturbüros nahmen am Wettbewerb teil. Ihre Entwürfe wurden von einer siebenköpfigen Jury mit Vertretern aus Industrie und Architektur bewertet. Den Vorsitz hatte der Leipziger Architekt Prof. Christian Knoche.

Den Zuschlag erhielt das Stuttgarter Architekturbüro „Neugebauer & Rösch“. „Der Entwurf von 'Neugebauer Rösch' wurde einstimmig zum Favoriten gewählt, da es hier gelungen ist, Funktionalität, Ästhetik und Nachhaltigkeit in besonderen Einklang zu bringen“, begründet der Geschäftsführer der B. Braun Avitum Saxonia GmbH Bertram König die Entscheidung des Preisgerichtes. “Der Baukörper fügt sich harmonisch in die Landschaft ein und wirkt bei jeder Erweiterung jeweils als ein geschlossenes Ganzes.

Technologische Abläufe und Baukörper effizient verbunden
Das Grundstück umfasst eine Größe von etwa zehn Hektar. Der Baukörper der neuen Filterfabrik ist nach der ersten Bauphase 136 Meter lang, 62 Meter breit und zwischen acht und 14 Metern hoch. Das Gebäude kann an seiner Mittelachse gespiegelt und auch seitlich erweitert werden und erreicht im Endausbau eine Breite von fast 174 Metern.

Ausgangspunkt für die Planung war die bereits projektierte Produktionsanlage für Dialysatoren. Sie verfügt über einen hohen Automatisierungsgrad und wird vom Rohstoff bis zum versandfertigen Paket den gesamten Arbeitsprozess ausführen. Dieser beginnt mit der Spinnlösung zur Herstellung der Hohlraumfasern über die Montage der Dialysatoren und die Qualitätskontrolle bis hin zur Verpackung. Dabei greifen verschiedene chemische und verfahrenstechnische Prozesse ineinander. Erstmals wird auch der Spritzguss der Kunststoffteile der Dialysatoren im eigenen Unternehmen ausgeführt. Sie werden in einem separaten Hallenbereich gefertigt und in den entsprechenden Fertigungsstufen an die Montagelinie geschickt.

„Eine besondere Herausforderung bestand darin, einen dominierenden Reinraum und Bereiche mit Standardproduktionsbedingen effizient zu verbinden“, erklärt Architekt Robert Rösch. „Dabei mussten auch die Erweiterungspläne berücksichtigt werden. Die Produktion darf dann nicht unterbrochen oder durch Verunreinigungen beeinträchtigt werden.“

„Die Anforderungen an die Reinheit sind sehr hoch“, ergänzt Projektleiter Peter Wiegers. „Wir stellen ein Medizinprodukt in millionenfacher Stückzahl her, bei dem sicher sein muss, dass jedes einzelne fehlerfrei bei den Patienten in den Dialysezentren ankommt.“

Rund um die Fertigungslinie sind die Nebenflächen für Logistik, Umkleiden und Aufenthaltsbereiche so angeordnet, dass der Materialfluss und die Wege der Mitarbeiter und Besucher effektiv verlaufen. Oberhalb der Produktionsebene befinden sich Büroräume, im Dachgeschoss ist die Technikzentrale geplant. Besonderen Charme erhält der Baukörper durch begrünte oder künstlerisch gestaltete Innenhöfe, welche für Lichteinfall in den Produktionsbereich sorgen. Das erhöht die Konzentration der Mitarbeiter und beeinflusst ihre Arbeitsbedingungen sehr positiv. Ein Besuchergang ermöglicht einen Einblick in die Fertigung. Das großzügige, helle Foyer mit auskragendem Vordach und gläsernem Besprechungsraum vermittelt eine moderne Transparenz. Dazu trägt auch die lebendige und differenzierte Gestaltung der Fassade bei. Auch wirtschaftliche Aspekte spielten beim Architektenwettbewerb eine Rolle – sowohl bei den Investitionen als auch bei Betriebskosten und bei der Instandhaltung.

Ein naturnaher See bildet die grüne Mitte
Bei der Einbettung des Fabrikgebäudes in die Landschaft wählten die Architekten die Idee einer „grünen Mitte“, die durch einen etwa 180 Meter langen See geprägt wird. Dafür wird der momentan vorhandene Entwässerungsgraben behutsam angestaut und erhält gleich mehrere Aufgaben. So fängt der See das Regenwasser vom Dach des Produktionsgebäudes auf, dient als Löschwasser-Reservoir und lädt die Mitarbeiter in den Pausen zur Entspannung ein. Zwei integrierte Wasserfälle überwinden jeweils einen Meter Gefälle. Damit ist der See für Mitarbeiter und Besucher nicht nur optisch ein Anziehungspunkt, sondern hat auch eine ökologische Bedeutung, denn so wird das Wasser permanent mit Sauerstoff angereichert.

Der Freistaat Sachsen stellt Fördermittel für die neue Fertigungslinie bereit
Mit der neuen Dialysatorenfabrik in Wilsdruff will die B. Braun Avitum Saxonia GmbH die Produktionskapazität von B. Braun in Sachsen verdoppeln. Grund ist der kontinuierliche weltweite Anstieg von Dialysepatienten um etwa sechs Prozent pro Jahr. Die bisherige Produktionskapazität des Unternehmens in Radeberg und Berggießhübel stößt seit Jahren an ihre Grenzen. Langfristig soll die Kapazität, auch durch produktivitätssteigernde Maßnahmen an den bestehenden Standorten, auf über 30 Mio. Dialysatoren ausgebaut und der Anteil am Weltmarkt auf über zehn Prozent erhöht werden. Bereits im ersten Bauabschnitt sind in Wilsdruff 140 Arbeitsplätze geplant. Die Investitionen in Grundstück und Gebäude trägt die B. Braun Medical AG. Konzerntochter B. Braun Avitum Saxonia GmbH übernimmt den Aufbau der Produktionsanlagen und investiert dabei mehr als 40 Millionen Euro. Diese Investition in die neue Fertigungslinie wird durch den Freistaat Sachsen mit sechs Millionen Euro gefördert.

„Mit der B. Braun Melsungen AG haben wir einen Konzern in Sachsen, der durch seine Investition nicht nur für wettbewerbsfähige Arbeitsplätze in der Region sorgt, sondern auch ein Zeichen für die Attraktivität des Standortes für andere Investoren setzt. Technologieorientierte Unternehmen wie die B. Braun Melsungen AG sichern die Zukunftsfähigkeit Sachsens und leisten einen wichtigen Beitrag, dass der Freistaat auch künftig wirtschaftlich und technologisch an der Spitze steht", so Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig.

Insgesamt umfassen die geplanten Investitionen in Grundstück, Gebäude und Fertigungstechnik einen hohen zweistelligen Millionenbetrag. Der Bau soll in den nächsten Monaten beginnen. Die ersten Dialysatoren sollen 2018 ausgeliefert werden.

Hintergrund B. Braun Avitum Saxonia GmbH
Die B. Braun Avitum Saxonia GmbH zählt zu den fünf weltweit größten Herstellern von Dialysatoren. Sie produziert Dialysatoren für die Blutwäsche chronisch nierenkranker Menschen. Die Hightechfaser zum Filtern des Blutes wird am Standort Berggießhübel gesponnen, die Montage der Dialysatoren erfolgt in Radeberg. Im Jahr 2014 wurden 13 Millionen Dialysatoren hergestellt. Seit 2004 gehört das Unternehmen zur B. Braun Melsungen AG. Derzeit sind mehr als 700 Mitarbeiter in Berggießhübel und Radeberg tätig.

Hintergrund B. Braun Melsungen AG
Die B. Braun Melsungen AG gehört zu den weltweit führenden Versorgern im Gesundheitsmarkt und hat Standorte in 62 Ländern mit über 55.000 Mitarbeitern. Das Familienunternehmen beging 2014 sein 175-jähriges Bestehen. Mit seinen vier Sparten bietet der B. Braun Konzern Produkte für Anästhesie, Intensivmedizin, Kardiologie, Chirurgie und extrakorporale Blutbehandlung sowie Dienstleistungen für Kliniken, niedergelassene Ärzte und den Homecare-Bereich. Im Jahr 2014 verzeichnete der B. Braun Konzern einen Umsatz von 5,4 Mrd. Euro.

Hintergrund „Neugebauer & Rösch“
Das Architekturbüro „Neugebauer & Rösch“ wurde 1990 gegründet und vereint zehn Architekten. Seit 15 Jahren haben sich „Neugebauer & Rösch“ zunehmend auf Industrieneubau spezialisiert und können auf zahlreiche Referenzen vor allem im Maschinenbau und der Zuliefererindustrie für den Automobilbau verweisen. Das größte Projekt wurde 2014 in Betrieb genommen – ein Produktionszentrum für Werkzeugmaschinen in Shanghai. Der Neubau der Filterfabrik von B. Braun in Wilsdruff ist das erste Projekt, das Neugebauer & Rösch in Sachsen umsetzen werden.
www.neugebauer-roesch.de